Eine Designikone und ihre Zeitgenossen – Carrera RS 2.7
Motorsport trifft Design
Der Carrera RS 2.7
Seit über fünf Jahrzehnten gilt der Porsche 911 als Sportwagenikone, die bereits im Stand den Puls von Automobilliebhabern auf der ganzen Welt in die Höhe treibt. In der Welt der Automobile ist er einzigartig: Wie kein anderes Fahrzeug vereint der Porsche 911 scheinbare Gegensätze wie Sportlichkeit und Alltagstauglichkeit, Tradition und Innovation, Exklusivität und soziale Akzeptanz sowie Design und Funktionalität. 1963 als Prototyp vorgestellt, war seine von F. A. Porsche gestaltete Form Ausdruck einer zeitlosen Funktionalität, die die Grenzen zwischen Industriedesign und Automobildesign überwand. Als eine Essenz des Porsche 911 ging der Carrera RS 1972 in die Sportwagengeschichte ein. Er steht für die einzigartige Synthese aus Sportlichkeit, Design, Leistung und Purismus. Richtungweisend ist nicht zuletzt das Design des Modells: Als erster Seriensportwagen der Welt erhält er Front- und Heckspoiler – farbig lackierte Fuchs-Felgen mit gleichfarbigem Schriftzug auf der Fahrzeugseite verleihen dem RS eine optische Einzigartigkeit.
Typisch Porsche, liegen die Wurzeln des Carrera RS im Rennsport: Als die Internationale Motorsportkommission im Juni 1972 für die Gruppe- 4-Homologation des 911 eine Mindeststückzahl von 500 identischen Fahrzeugen verlangt, entscheidet Porsche Vorstandssprecher Ernst Fuhrmann über die Entwicklung einer rennsportgerechten Kleinserie mit Straßenzulassung. Dieses Spitzenmodell soll dank seiner außergewöhnlichen Fahrleistungen den technischen Führungsanspruch des reinen Sportwagenherstellers Porsche verdeutlichen. Und die Besonderheit des neuen Porsche soll auch in der Namensgebung zum Ausdruck kommen: Die schlichte Bezeichnung 911 S wird als unzureichend angesehen, weshalb man sich für den klangvollen Beinamen Carrera entscheidet, der seit den Tagen des Typs 356 den sportlichsten Modellen von Porsche vorbehalten ist. Ergänzt um das Kürzel RS (für Rennsport) wird die puristische Leichtbau-Version am 28. September 1972 auf dem Pariser Automobilsalon als Porsche 911 Carrera RS vorgestellt.
In Zuffenhausen schätzt man die Verkaufschancen des mindestens 34.000 DM teuren Carrera RS zunächst pessimistisch ein. Um Interessenten zum raschen Verkaufsabschluss zu bewegen, fokussiert man in den Werbeanzeigen vor allem die limitierte Stückzahl der Sonderserie. „Sie müssen schon sehr schnell sein, um Deutschlands schnellstes Auto zu fahren“ oder „Nur 500 Männer werden ihn fahren“ lauten die Slogans. Doch entgegen aller Erwartung wird der 2,7-Liter-Sportwagen von Beginn an so begeistert aufgenommen, dass die Sonderserie bereits vor Produktionsbeginn im Herbst 1972 ausverkauft ist. Schnell hat sich unter Sportwagenliebhabern herumgesprochen, dass der neue Porsche Fahrleistungen bietet, die sogar doppelt so teure Exoten in den Schatten stellen. Der Sprint auf 100 km/h dauert nur 5,8 Sekunden und die Höchstgeschwindigkeit gut eingefahrener Exemplare wird mit 250 km/h gemessen. Erreicht wurden diese Werte durch konsequenten Leichtbau. Neben der Verwendung von Dünnblech und Dünnglas sowie Kunststoffhauben und -stoßstangen sparen die Porsche Ingenieure nicht zuletzt im Interieur so manches Kilogramm ein. Fahrer und Beifahrer sitzen in leichten Schalensitzen, die Türen werden mittels einer Schlaufe geöffnet und im Armaturenbrett fehlen aus Gewichtsgründen Zeituhr und Handschuhfachdeckel. Noch beeindruckender als die reinen Daten war jedoch das Fahrerlebnis im Carrera RS, der in der Sportversion unter 1.000 kg wiegt. Der drehfreudige Boxermotor hängt gierig am Gas und entwickelt im oberen Drehzahlbereich einen unvergleichlichen Sound, der Sportwagenfans eine Gänsehaut bereitet. Viele der Carrera-RS-Kunden nutzen den Wagen auch im Motorsport, wo er sich gleichermaßen bei Rallyes, Bergrennen und auf der Rundstrecke als siegfähig erweist. Der erste Einsatz des 911 Carrera RS fand bei der „Tour de Corse“ am 4. und 5. November 1972 statt. Als dann noch im Februar 1973 ein 911 Carrera RSR bei den 24 Stunden von Daytona mit 22 Minuten Vorsprung als Sieger die Ziellinie überquert, steigt die Kundennachfrage derart an, dass man sich zur Weiterführung der Produktion entscheidet. Der 911 Carrera RS wird zum Selbstläufer, der bis zum Produktionsstopp im Juli 1973 mit 1.590 Fahrzeugen die Verkaufsplanungen um das Dreifache übertrifft. Als automobiles Kultobjekt zählt der Carrera RS 2.7 seitdem zu den weltweit begehrtesten Sammler-Fahrzeugen.